Impro-Theater Hals über Kopf sorgte für Lachsalven in der Buchhandlung Volk
Wenn die Darstellung tragischer Erlebnisse schallendes Gelächter hervorruft, wenn die Umstände verdrehter nicht sein könnten und der Irrsinn Sinn macht, dann liegt der Verdacht nahe, dass ein Improvisationstheater sein Bestes gibt.
So war es auch am vergangenen Donnerstagabend in unserer Buchhandlung. Wir hatten zu einem Abend mit „Hals über Kopf“ eingeladen, und man kann sich nur wundern, dass bei der mitreißenden Spielfreude von Patric Sohrt sowie Christof und Klemens Hergemöller die Bücher nicht aus unseren Regalen purzelten. Musiker Carsten Rust untermalte und akzentuierte das temporeiche Geschehen, das nach einem Szenenmarathon zum Aufwärmen direkt in die Psychiatrie führte.
Unser Publikum hatte mit Zurufen dafür gesorgt, dass dort Elvis saß zwecks Heilung von seiner Leidenschaft für Andrea Berg-Schlager. Allerdings musste sich der unwissende Darsteller an seine Rolle heranraten, was vor allem an dem Punkt urkomisch wurde, als er sich auf der falschen Fährte „Michael Jackson“ befand und von der Phase sprach, in der er sich die Haut bleichen ließ.
Direkt aus Memphis ging es mittels Publikumsstichworten weiter in den Zoo. Während sich ein Tierpfleger über die Hinterlassenschaften von Elefanten ausließ, stellte sein Kollege fröhlich fest: „Lieber Junge. Wir duzen einander!“ Kein Wunder: Seine Textvorgabe für dieses Intermezzo entstammte der Rolle des Schweizers aus Schillers Räuber.
Das Zwerchfell hatte sich noch nicht ganz erholt, da galt es, den ersten Kuss eines Zuschauers identisch nachzuspielen. Zu Hilfe gab es nur akustische Ja- und Nein-Signale des Gastes, und so navigierten sich die Darsteller zwischen Trillergepfeife und Glockengebimmel mit Komik und irrwitziger Reaktionsschnelligkeit durch die geliehene Jugenderinnerung.
Der Kuraufenthalt in Bad Pyrmont wurde als Oper gewünscht, um Minuten später komplett im Heavy Metal-Stil zu ertönen.
Dass sich Recke samt eines neuen Speiseeises für Kinder und der kaum aussprechbaren Gemeinde „St. Dnüsüus“ unter einer Glaslocke befindet, erfuhren die Zuschauer in einer Nachrichtenshow. Für den gehobenen Unsinn hatten sie zuvor mittels Haftzettelnotizen selbst gesorgt.
Ein eingesperrter Mann auf dem Dixi-Klo in Kombination mit dem eklatanten Harndrang eines Passanten und dem nahenden Klo-Service wurde durch die Gefühle Trauer, Sehnsucht und Liebe dekliniert, und nach dem denkwürdig gefühlsintensiven Besuch bei einem Biobauern in spe ging es ins Recker Moor. Dort wurde die Jagd auf die Recker Moorwachtel als Oper, Drama und als Pina-Bausch-Gedächtniswerk inszeniert. Dass „Hals über Kopf“ an diesem Abend nur in halber Besetzung kommen konnte, hat niemand von uns und von unseren Gästen gemerkt. Das Trio holte bravourös einfach das doppelte Feuerwerk der Kreativität und Spontaneität aus sich heraus. Chapeau!