Text: Julia Kolmer (IVZ), alle Rechte vorbehalten.
„Wenn 50 das Neue 40 ist, warum fühle ich mich dann wie 60?“ Dieser Frage widmeten sich Patricia Küll und Andrea Russo am Donnerstag bei ihrem „Frauenzimmerabend“. Über 80 Frauen, und auch der ein oder andere Mann, waren für die Lesung in die Buchhandlung Volk gekommen. Küll, die als Moderatorin für den SWR tätig ist, schreibt Ratgeber zum Thema Lebensfreude. Andrea Russo, die auch unter dem Pseudonym Anne Barns schreibt, las aus ihrem neuen Roman „Spätsommerfreundinnen“.
„Im ersten Teil muss man mit mir arbeiten, im zweiten Teil wird man von Andrea verwöhnt“, sagte Patricia Küll über die gemeinsame Lesung der Autorinnen. „Ganz nach dem Motto: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ Sie las aus ihren beiden Büchern „Ab heute singe ich unter der Dusche“ und „Now! Am liebsten geht es mir gut!“, in denen Küll der Lebensfreude auf den Grund geht. Aber wieso grade Frauen um die 50? „Lebensfreude verläuft wie ein U. Altermäßig ist man von Anfang 40 bis Ende 50 im Tal“, so die Autorin.
„Stress ist ein Killer für die Lebensfreude“, sagt Patricia Küll. Im Alltag gehen die schönen Momente schnell unter. Küll denkt jeden Abend darüber nach, wofür sie an dem Tag dankbar war.
Sie gibt den Zuschauern eine Achtbarkeitsübung für den Morgen mit. „Überprüfen Sie ihre Nasenlöcher“, riet sie. „Nein, sie sollen nicht popeln, sondern schauen welches frei ist“, schob sie hinterher. „Das ist die bessere Seite für den Tag, verlassen sie mit dem Fuß das Bett“, riet die Autorin.
Aber auch auf Lebenskrisen ging Küll ein. Denn: „Lebensfreude und Lebenskrisen sind zwei Seiten einer Medaille“. Sie erzählt von ihrer schwersten Krise. An einem Tag vor 13 Jahren steckte sie in einer Ehekrise, verlor ihren größten Job, und bekam die Nachricht, dass ihre Mutter im Sterben lag. Doch durch die Kündigung konnte sie noch die letzten zehn Tage mit ihrer Mutter verbringen. „Nichts geschieht ohne Grund“, ist sich Patricia Küll sicher.
„Sie können mehr bewegen, als Sie glauben“, gab Küll den Zuhörern mit. „Warten sie nicht auf die gute Fee oder den Prinzen“. Jeder muss sich selbst um seine Lebensfreude kümmern. Das heißt aber auch: „Ich bin nicht für die Lebensfreude meines Partners zuständig, das ist er selbst“, so Küll.
Nach einer kurzen Pause, in der Andrea Russo das Publikum mit selbst gebackenen Pistazienwölkchen versorgte, las die Autorin aus dem ersten Roman, den sie unter ihrem richtigen Namen veröffentlichte. „Ich wollte mal ein Buch schreiben über eine Frau, die so alt ist wie ich. Die nicht überlegt, ob sie heiraten soll, sondern ob sie in wieder loswerden soll.“
Jette ist 49 Jahre alt, hat eine erwachsene Tochter und ist frisch geschieden. Sie reist zurück in ihren Heimatort Lünzen in der Lüneburger Heide und trifft dort alte Bekannte wieder. „Es ist ein freches Buch um Neuanfänge und zweite Chance“, sagt Russo.
Andrea Russo hat bei der Figur der Jette zwar auch eigene Erfahrungen einfließen lassen, autobiografisch sind ihre Romane aber nie. “Dann wäre fünfmal geschieden und drei meiner Männer wären gestorben“, scherzt die Autorin.
Und auch Jette hat ein neues Morgenritual für mehr Lebensfreude: positive Gesichtsgymnastik und ein Tanz durchs Wohnzimmer.